May 30, 2009

the happening world

Kurze Ansage für die nächsten Tage: Montag ist übrigens Feiertag. Erfahre ich ja meistens erst ein paar Tage vorher, oder über Google. Google hat übrigens gerade die definitive Version von Gmail vorgestellt, sozusagen. Auf der I/O-Messe wurde Wave vorgestellt, eine Emailapplikation auf cloud-Basis, die in Realzeit und mit gadgetigen specials aufwarten kann. via Indiskretion Ehrensache

Wie weit Wave noch entfernt ist, habe ich nicht mitbekommen. Ich kann aber schon jetzt jedem Gmail empfehlen, oder Googlemail, wie es etwas sperrig seit Längerem heisst. Wenn man mal von der sehr Persönlichkeits-sensitiven Werbung absieht (da erscheinen Banner zu Dingen, über die ich mich höchstens in einem lauten Club mal im Flüsterton unterhalten habe), ist es ein komfortables onlinebasiertes Emailprogramm, das Outlook und Entourage komplett unnötig macht, Videochat bietet und auch annähernd live ist.

Im Juni ist ja Designmai. So muss «DMY» wohl gelesen werden. Die Messe findet verstreut über ganz Berlin statt, wie an vielen Orten (da, da, da) schon erwähnt wurde ist das betahaus eine prominente «extension», wie das in der Künstlersprache heisst. Es gibt Ausstellungen, Installationen in den Hinterhöfen, DJ, Getränke, abends Party. DMY-Startparty: 4. Juni, 22:00h, mit «Datsche hinten auf dem Hof». via betahaus

Am Tag davor, 3. Juni, gibt es ein sehenswertes Filmfestival an der selben Stelle. via berlin.unlike

Wieder einen Tag eher, 2. Juni, spielt der unglaubliche Scott Matthew in der Passionskirche in Kreuzberg. Man muss den Film «Shortbus» nicht gesehen haben, viele kennen den Sänger/Songschreiber ja woanders her, aber wer seine Stimme mal in ihrer zerbrechlichsten Form (nämlich bei «upside down») gehört hat, wird sich auf dieses Konzert freuen. via berlin.unlike

May 25, 2009

the happening world

Der Abend begann, wie so mancher Abend in Berlin beginnt – mit einem geänderten Konzertbeginn. Auf den Plakaten rund um den Prater war «21:30» übergeklebt worden, das Foyer war gefüllt mit Leuten, die trinkend warteten. Wir nutzten die Gelegenheit, es war ein schöner Abend, und tranken uns durch den Biergarten nebenan, den Mauerpark und die Oderberger. Die Vorfreude potenzierte sich. Es war eineinhalb Monate her, seit ich Noise in Mannheim erlebt hatte. Das neu eröffnete Volksbühnen-Surrogat im Prater mit seinem verschrobenen Inneren und dem cleanen Äusseren legte eine gute Ausgangsbasis für das Gegensätzliche des Konzerts, das uns erwarten sollte. Keine Ansprache diesmal, keine unnötigen Floskeln, stattdessen warteten wir in den gepolsterten Holzbänken und lauschten dem pseudo-arabischen Gesang aus den Ohrmuscheln des Sennheisers. Tatsächlich tauchten Koze und Mense Reents, sein sparring-Partner, dann aus der Tür hinter der Musikkontrolltafel auf, an ihr hing ein gelbes Schild mit der Aufschrit «Achtung Absturzgefahr». Koze begann dann auch gespielt griesgrämig und besser vorbereitet als im Planetarium Mannheims. Die Abrechnung hätten sie gerade gemacht, teilte er uns mit. Er hasse das ja, Scheine zu zählen und so. Und legte dann nach, dass er ja mit etwas Ungemütlichem anfangen müsse, der Heimfahrt vielleicht, oder eben der Abrechnung, so dass wir uns danach richtig geläutert fühlen würden, wenn erstmal die Musik begänne. Die Musik begann dann auch, in den Grundzügen identisch wie in Mannheim, mit dem tollen «Jura ist wie Sport» Sprechtext. Von dieser furchtbar weichen Frauenstimmte fühlten wir uns angesprochen wie beim ersten Mal. Und wurden geläutert wieder und wieder, von den wunderschön weitläufigen Klangebenen, beruhigender Schwebe-Musik, die fein gemischt wurde. Nur Mense hatte gelegentlich etwas auszusetzen, woraufhin Koze und er sich zankten, ihr Disput nahm wie selbstverständlich den Weg über unsere Kopfhörer. Sie turnten auch auf den 16 Quadratmetern herum, die ihnen als Bühne dienten, Mense tat sich fleissig darin, die Stehlampen rechts und links des Mischpultes an- und auszuschalten (Koze: «Symmetrie ist die Kunst des kleinen Mannes»), Koze selbst begnügte sich mit den Puppen, die vor ihm standen, aus deren Inneren er Scooter-Musik erkingen liess und deren grüne Augen er zum Leuchten brachte. Auch seine «Hausmusik» war Bestandteil des Konzertes und Noise/Koze erläuterte ausführlich dazu, der Song «Ich hab Angst» war klares Highlight, neben dem «36-Stimmen-Mann» (der sogar anwesend war) und Matias Aguayos «minimal». Koze wandelte zwischen dem Konzert, den Tönen, seinen Improvisationen (und insbesondere denen von Mense) und der Interaktion mit dem Publikum, als hätte er es irgendwo sehr lange geübt. Wir fragen uns natürlich: wo?? Während seiner Hip-Hop-Zeit, die im Vergleich zu dem jetztigen Schaffen wie eine zweizeilige Präambel wirken muss? Wir waren auf jeden Fall positiv überrascht von den Werken, es hatte den Eindruck, als wollte Koze nicht aufhören, weder mit der Musik noch mit den schmunzelnd vorgetragenen Beschimpfungen an seine Hörer und Bewunderer im Saal:

«Wir werden hier dasselbe runterrattern wie wir schon vor einem Jahr in Berlin gespielt haben... und wenn ich mir eure rustikalen Gesichter so ansehe, dann kann ich daraus lesen, dass da gar nichts von hängengeblieben ist...»

Auch nach dem unvermeidlichen Stück «Zuviel Zeit», dessen Ost-West-Thematik zu Berlin passt, konnte Koze es sich nicht verkneifen, das Gegensätzliche an solchen Auftritten hervorzuheben, dass er als Künstler ja soviel schwitzen müsse, bis er nurmal die Fixkosten wieder drinhabe, während wir Zuhörer danach ja sofort zum nächsten Event weitersprinteten, zu Moderat etwa, oder in den «Panoramahain». Lustvoll lachte das Publikum über die Vorwürfe. Es war vergnüglich, die Gastschar begeistert und auch die Hardware funktionierte wie sie sollte. Ob Koze jetzt wieder ohne Mac arbeitet?

Anspieltipps:
Koze aka Noise: M.I.S.S. UFO ’72, Zuviel Zeit?, Bäume strahlen Stress aus, Amerikas Funniest Sound Effects / Wo die Rammelwolle fliegt
Adolf Noise: Five N / Wunden, S. Beine offen
Tocotronic: Kapitulation / Kapitulation


May 24, 2009

Do Chemists Dream Of Electric Sheep?

«Eines Abends sah sich Lina die Schafe ganz genau an, die sie sonst beim Einschlafen nur zählte.»

Es ist vielleicht diese Art der plötzlich gesteigerten Wahrnehmung, mit der gestern und vorgestern versucht wurde, dem Grundgesetz, der Verfassung, seinem 60jährigen Bestehen Anerkennung zu verleihen. Es gab einen Staatsakt mit Gottesdiest, auf der Strasse des 17. Juni war gestern eine Fanmeile eingerichtet worden mitsamt Panzern der Bundeswehr, die sich selbst spielte, es gab über ganz Berlin verteilt Veranstaltungen, Würdigungen, Ansprachen und es war kein Zufall, dass just an diesem für einmal runden Geburtstag auch die Wahl des Bundespräsidenten anstand und Horst Köhler in die zweite Runde geschickt wurde.

Ich verbrachte den frühen Abend im café des betahauses in Kreuzberg, wo das Projekt «Deine Verfassung» Schüler der Alfred-Wegener-Oberschule in Dahlem zusammengebracht hatte, die sich in der Form von Videos Gedanken über die enorme Wichtigkeit, aber eben auch die enorme Unsichtbarkeit des Grundgesetzes Gedanken gemacht hatten. Mit dazu gab es ein politisches und künstlerisches Rahmenprogramm, Justizministerin Zypries trat auf und Marco Webel trat auf, seines Zeichens Regisseur, Schauspieler und Student der Politikwissenschaft. Mit feiner Sprache und gestützt durch Zitate von Stefan Zweig gewann er der Thematik eines Geburtstags, den man leicht übersieht, eine wunderbar poetische und philosophische Note ab. Wer kennt schon die ersten Artikel unseres Grundgesetzes, fragte Webel herausfordernd. Da stände doch die Würde des Menschen drin und Frauen vermutlich auch. Lest das Grundgesetz, kennt euren Staat. Die handliche Kleinbücher gibts an vielen Regierungsstellen.

Heute beim Aufbacken von 4 Sonntagsbrötchen ganze 3 Brandstreifen am Handgelenk geholt. Das Zitat vom Anfang stammt aus dem Kinderbuch «Das fünfte Schaf» von Harriet Grundmann.

May 19, 2009

Fast Berlin VIII

An einem Montagabend fuhr ich die Prenzlauer Allee hinunter, über die Torstrasse, gen Alex. Ich war noch etwas vorsichtig im Berlinverkehr, Unter den Linden bei Nacht zu erleben war etwas Neues und gleichzeitig Wohlvertrautes, die Busspur war mein bester Freund. Es kommt mir vor, als ob das schon lange zurückliegt, dabei ist die Erinnerung genau drei Wochen alt, und heute wie damals bilden sich in den Lichtkegeln der Spots an der Temporären Kunsthalle Motten- und Mückenschwärme, heute wie damals steht und sitzt eine unverkrampfte, leicht alternative Szene auf den Stühlen und den Holzplanken dort, wo einst ein Schloss gebaut wird, und heute wie damals hole ich mir wie betäubt ein Bier, sitze draussen in der frischen Sommernacht und beschaue das Stilleben aus Alex, Park Inn, Rotem Rathaus und dem blauen Kubus und denke an die Geschwindigkeit, die mich hierher gebracht hat. Was war es für ein Jetlag vor 21 Tagen gewesen! Keine Körperhaltung versprach Linderung damals. Mir blieb nur, in Gedanken versunken die soft-skyline anzublicken und zu rätseln, wie sich denn nun alles gefügt, wie ich denn alles auf einmal akzeptiert hatte. Heute ist es nicht viel anders. Wo mir der Anblick der Stadt damals noch Aufregung verheissen hatte, Abenteuer abseits von Wohnsorgen und Jobgedanken, so ist es heute nicht anders. Bloss ein wenig kälter.

May 13, 2009

Fast Berlin VII

Zwei Schockerlebnisse: Das Fahrradtempo auf den Strassen und Bürgersteigen hat mich weder abgestumpft noch vorsichtiger gemacht. Heute morgen beim aus-der-Hofeinfahrt-fahren erstmal ein Kind umgefahren, das mit seiner Mutter auf dem Gehweg raste. Der Kleine ist glatt auf die Backsteine gefallen, die auf einer Palette an der Strasse aufgeschichtet sind. Enormes Glück, dass er sich nichts gebrochen oder rausgehauen hat. Ich war 15 Minuten lang unter Schock, die freundlichen Bauarbeiter mit der Flex aber fix und haben sofort Verbandskasten und Kühlung bereit gehabt. Vorbildlich. Die Mutter wusste auch gerade einen Unfallchirurgen um die Ecke. Ich musste nichts machen - nur verdattert wegfahren und mir strengere Regeln im Zweiradverkehr auferlegen.

Dann heute abend beim Nach-Hause-Kommen an derselben Stelle während des Abbiegens von links von einem Radfahrer geschnitten geworden, wir sind kurz aneinander hängengeblieben, auch rhetorisch, er brachte aber nur heraus «Halt doch mal die Spur!», was ein ziemlich mickriger Beitrag zu seinem Fehlverhalten (links überholen) und meinem (abbiegen ohne Handzeichen) war. Viele - auch ich - finden es vielleicht unschicklich, sich in einer frei verwalteten Stadt wie Berlin an profane Verkehrsregeln wie diese zu halten. Dabei kann ich eigentlich nur die James-Dean-Warnung ausgeben: «Drive carefully - the life you save might be mine».

May 11, 2009

Wir nannten es Arbeit XIX

Zuletzt, als in der BASF schon von Kurzarbeit in der Forschung gemunkelt wurde, war mir dann doch etwas mulmig zumute. Ich würde der letzte Praktikant für eine lange Zeit gewesen sein. Ein Glück, dass ich nun mein Auskommen in der Pharmabranche gefunden habe, und zwar bei Schering in Berlin. Zynische Leute behaupten, in Krisenzeiten stiege der Lippenstift-Absatz exponentiell. Aber auch, wenn er bloss linear stiege, der Trend ist richtig: Bei Nahrung und Medizin sparen die Leute zuletzt. Und so habe ich das Glück, bequem gleich in der Grossstadt arbeiten zu können. In der Firma ist es hier familiärer und die Mitarbeiter jünger und erfrischender. Es ist sehr komfortabel. Ich kann mit dem Fahrrad, ohne abzusteigen, durch das Firmentor und direkt bis fast vor den Aufzug fahren, der mch in den achten Stock des 70er Jahre Hochhauses bringt, von wo ich eine super Aussicht über die Stadt habe. Ein eigenes Labor ganz für mich alleine, eigenes Telefon und Rechner, kleine Abzugshaube und etwas Analytik-Geräte und die besondere Umgebung in einem Arbeitsumfeld mit ausgezeichneter Frauenquote.

Fast Berlin VI

Die Fahrrad-Klau-Paranoia hat neue Züge angenommen. Die Angst eines Angehörigen, dass mein Fahrrad mit Seltenheitswert gestohlen werden würde, veranlasste ihn dazu, mir ein neues Fahrradschloss zu schenken, eins mit Panzerkette und angeblichen Bestnoten in Sachen Diebstahlschutz. Also dann. Das gute Stück lag einige Tage ungenutzt herum, bis ich mich dazu entschloss, es endlich einzusetzen und mein altes (aber ebensogutes) an meine Mitbewohnerin weiterzugeben. Tja, an einem Sonntag schloss ich mein Rad damit dann das erste Mal am Mauerpark an und verlor daraufhin gleich beide Schlüssel dazu, ich hatte das Paar mitgenommen und nicht einen davon vorschriftsgemäss zu Hause gelassen. Das muss auf der Wiese passiert sein, wo wir uns nach dem erschöpfenden Bummel über den Flohmarkt in der Sonne hingelegt hatten. Die Suche blieb ergebnislos, das Fahrrad abgeschlossen, und der Entschluss, es abgeschlossen nach Hause zu transportieren, war schnell gefasst. Erfreulicherweise sind die Bürger von Berlin in solchen Situationen ungewöhnlich zurückhaltend. Es werden pro Jahr ungefähr 15'000 Fahrräder geklaut, aber der adrette Mann da vorne, der ein Rad mit starker Kette in den Innenhof schiebt, der ist bestimmt kein Dieb, und das Rad gehört wohl tatsächlich ihm. So müssen die Passanten gedacht haben. Glücklicherweise ist an meinem neuen Wohnort der Innenhof noch in der Sanierungsphase, und am Nachmittag des Folgetages trennte ein stämmiger Bauarbeiter, auf dessen Tshirt-Rückseite «Matzi» stand, für etwas Bares die Kette mit einer schweren Metall-Flex in nur 30 Sekunden durch. Das Ganze hat mich, mit neuem Schloss, nur 40 Tacken gekostet.

May 8, 2009

Fast Berlin V

Schlussendlich war es dann doch nicht so schlimm. Aller möglichen Vorratsdatenspeicherung zum Trotz weiss die deutsche Bürokratie noch nicht alles über mich. Und so konnte ich nach nur 25 Minuten das Bürgeramt beschwingt verlassen, diese schönen alten Gründerzeitbauten, wo, wie fast überall in Berlin, gerade Sanierungsarbeiten stattfinden. Die Sonne schien. Fast ist das nichts Besonderes mehr, im Berlin dieser Tage. Meine Stimmung aber, die war etwas Besonderes. Sie war besonders leicht, und besonders auch durch die Gewissheit, wieder einmal diesem Prozess der selbstablaufenden Erfolge beizuwohnen. Ich wusste ja immer noch nicht recht, woran das lag. Konnte es von meiner Einstellung herrühren? War ich genügsamer geworden? War eine geglückte Bezirksamt-Anmeldung für mich schon Freude genug? Sind es in Wirklichkeit nicht die kleinen Dinge, die mich freuen, sondern die «gewichtigeren»; der Job, das Gehalt, die Wohngegend, der Freundeskreis? Soviel ist feststellbar: es klappt einfach überall gut. Ich war an diesem Tag (heute) vielleicht nur einer von vielen, der auf der Prenzlauer Allee ihrem Glück entgegengelaufen sind. Um mein Bild zu vervollständigen, fehlte vermutlich nur noch die Sonnenbrille. So aber lief ich blinzelnd gegen die Sonne, für einmal wieder mir Kopfhörer, an den spiegelnden Kuppeln des Planetariums vorbei, und Nôze sang: «You have to dance»; und tatsächlich, es war diese Art von Tanz, der ich beiwohnte, ein Tanz, wie ich ihn schon lange erlebe. Eine Schrittfolge, die mich unbeschwert am Scheitern vorbeiführt.

May 7, 2009

Behörden reloaded

Jetzt mal im Ernst - Behördengänge machen mir ja immer Angst. Ich bin derart rational bei meinen Habseligkeiten, dass Dinge, die ein halbes Jahr lang nicht gebraucht wurden, sofort entsorgt werden müssen. Und jedesmal, wenn es dann zum Einwohnermeldeamt geht, suche ich verzweifelt nach meiner Geburtsurkunde. Aber dann sage ich mir, ach was, der Geburtsort steht doch im Pass. Bis ich tatsächlich der Dame vom Amt gegenübersitze und das alles nochmal auswalzen muss. Behördengänge sind etwas schreckliches, ständig diese Nachweise und Ummeldepflicht, und ausgerechnet die sympathische und günstige Autovermietung von Berlin macht jetzt Terz, weil sie nur an in Deutschland wohnhafte Fahrer vermietet und ich somit irgendwie vor Samstag noch die Anmeldung gebacken kriegen und gleichzeitig verbergen muss, dass ich gedenke, den Lastwagen mit getürkter Fahrerlaubnis zu lenken. DIESEN Schein hätte ich nämlich schon längst in einen EU-konformen Ausweis ummodeln lassen müssen. Die Behörden sind also immer für einige Schrecksekunden gut, und so war es gestern nur allzu nötig, dass ich mich ins nahe Fitnessstudio aufgemacht habe, um dort auf andere Gedanken zu kommen. Zumindest in dieser Institution verlief die Ummeldung problemlos. Und auf dem Laufband, das ich ja sonst meide wie der Teufel das Weihwasser, ausgerechnet da schaffe ich es endlich, die ganzen Bürokratietiger endlich zu vergessen. Das lag aber auch nur daran, dass ich mich beim Joggen äusserst stark konzentrieren muss, nicht irgendwo anzustossen oder runterzufallen.

Schon klar - «Baden-Württembergische Beamte köchelt man erst einige Formulare lang auf kleiner Flamme, bis sie gar sind»; in der Hauptstadt sind die Schaltertanten aber von ganz anderer Qualität.

May 5, 2009

tracking with close-ups

Natürlich vermisse ich die Botschaften mit entsprechenden Zeichnungen, die mir mein Mitbewohner in Zürich zu eingegangenen Briefen legte. «Eine Nachricht von den Behörden» stand dann da bedeutungsschwer, geschrieben mit Edding auf einer dieser kleinen matt rosanenen oder violetten Kärtchen, die in unserer Wohnung überall herumflogen, darunter waren Grabsteine oder Skelette schemenhaft gemalt. Die Behörden - damals noch, in Zürich, konnten sie in unsere Räumlichkeiten höchstens auf diese kafkaeske, selbstironische Weise eindringen. Jetzt, hier, in Berlin, ist das schon eine ganze Ecke anders. Es fängt an mit den ewigen Adresswechseln und den Nachrichten von verpassten Briefen und zurückgesandten Einschreiben. Ich bin mit solcher Lust wieder ins Blaue gezogen, dass ich ganz vergessen habe, dass es Behören, Hochschulen, Banken, Eltern und ehemalige Mitbewohner gibt, die irgendetwas zu melden oder mitzuteilen haben. Nun denn, tun wir ihnen den Gefallen. Eine feste Adresse ist eingerichtet; Briefkästen kommen diese Tage auch noch ins neu sanierte Haus, wie ich höre; nächsten Samstag wird das frische Zimmer bezogen, ein Bett gekauft, wieder ein Fuss gestellt in das eine-feste-Bleibe-haben-Leben, mit all seinen Tücken und Annehmlichkeiten.

May 3, 2009

Fast Berlin IV

Was waren es für bewegte, Reise-reiche Wochen! Die Tage hier in Berlin kommen mir schon vor wie das übliche Leben, dabei bin ich noch nichtmal eine Woche hier. Die Strassen und Plätze fühlen sich vertraut an, dabei sass ich noch vor sieben Tagen im Schillerpark in Mannheims Quadraten, gewann eine Partie Schach und lauschte dem Song meines Kontrahenten, den er in einer Pause zum Besten gab. Es war, wie ich langsam merkte, ein Song über unser Kennenlernen und unsere gemeinsam verbrachte Zeit. Die letzten Tage in Mannheim waren sonnig, aber kein Vergleich zu der grünen Hölle, die mich hier in Berlin erwartete. Eine Wohnung ist gefunden. Jetzt müssen wieder Möbel 'ran.