Eine Befindlichkeitsanalyse.
Nachts streifen wir, vom ohnmächtigen Gefühl der Langeweile und dem unbändigen Drang der Entdeckerlust gleichermassen getrieben, durch die Strassen des Bötzowviertels. Rund um den Helmholtzplatz und in der Kastanienallee waren die Kneipen uns einst: eine Heimat. Hier fanden wir stets Linderung von den Grossstadtsorgen, zusammen mit anderen Getriebenen konnten wir uns jeden Abend in wohlbekannte Sessel sinken lassen und erlebten doch immer etwas Neues. Seit einiger Zeit aber kommt uns diese ewige Wiederholung öde vor, wir fuhren Richtung Osten um zu finden: ein Abenteuer. Stellten uns in den Strassen und Bars dort verruchtere, originellere Leute vor, aber fanden: nichts. Es mag etwas gewagt sein, an einem Montagabend die Trinkfreudigkeit der Bewohner eines Viertels beurteilen zu wollen, aber dort war alles so geleckt und brav und still, dass das Adjektiv «bötzig» bei uns von nun an für ebenjene Attribute steht.
Tagsüber streife ich, vom unbändigen Durst nach Wissen und der Lust auf neue Kontakte gleichermassen getrieben, durch die Gänge der Universität. Rund um die Silberlaube und das Institut für Chemie waren mir die Hörsäle, Cafés und Bibliotheken einst: eine Heimat. Jetzt ging ich hier ziellos, noch ohne Lernauftrag, und hatte Mühe mir auszumalen, wie ich dieses Semester rein punktemässig auf die Reihe kriegen sollte. Es fehlte an spannenden, anspruchsvollen Vorlesungen. Gelegenheiten, um sich ganz ursprünglich in der Mensa zum Mittagessen und zum Gespräch zu treffen und danach auf dem Dach in der Sonne zu sitzen, gab es genug; die Beschäftigung mit Skripten und Übungen aber fehlte noch gänzlich.
Apr 13, 2010
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Ihr Senf, bitte. Am besten verdaulich und nicht zu dick aufgetragen.