Mar 16, 2010

Wir nannten es Arbeit

Stell dir vor, es ist politische Bildung, und keiner geht hin. So oder ähnlich liesse sich der derzeitige Zustand unseres tollen Seminars "PieK" beschreiben. Das ist ungefähr so, als hätte man Geburtstag und sitzt alleine Zuhause. Man stellt sich die Frage, für wen man das eigentlich macht. Nach ungefähr 4 Bier während eines Planungsabends kommt es uns dann wieder in den Sinn: Wir machen das natürlich für uns selber! Natürlich würden wir das leckere Mittagsbuffet, die exzellenten Vorträge, den Museumsbesuch und die ganze künstlerische Arbeit gern mit jemandem teilen. Geteilte Freude ist ja angeblich die schönste Freude. Wir würden das aber auch alles alleine geniessen wollen.

Mar 9, 2010

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Der Winter war längst vorüber. Was dann kam, war Sonnenschein und die Illusion, man könnte im Tshirt hinausgehen. Wir probierten es und fanden uns nach einigen Tagen doch wieder abwechslungsweise fröstelnd und schwitzend in den abgedunkelten Räumen der Cafés wieder. Wenn die Fenster geschlossen waren, erzeugten die bullernden Öfen und die Gluthitze der Zigaretten im Raucherraum eine Luft, in der jegliches Eis in unserem Campari Soda sofort zu lauwarmen Wasser wurde. Waren die Fenster geöffnet, zog es uns kalt zwischen den Beinen durch. Wir waren das Leben im Inneren langsam satt und sehnten uns nach Spaziergängen im Treptower Park. Manchmal, wenn wir es gar nicht mehr aushielten, liefen wir die Duncker hinauf bis zur Brücke über die S-Bahn-Schienen, denn von dort aus konnte man wenigstens ein kleines Fenster Horizont erkennen.

Mar 7, 2010

1 Gedicht/Nacht

Kein Dänenprinz war so dramatisch, verrückt, grossartig wie er:


Inszenierung von Thomas Ostermaier mit Lars Eidinger. Am 19., 20. und 21.3. in der Schaubühne.

the happening world

Es war der sechste Samstag in Folge und das Gefühl, zwischen Arbeitswoche und Sonntag zu stehen, leierte mich langsam aber sicher aus. Ich stand zwischen Arbeitspflichten und dem Wunsch, mich gehen zu lassen und mich auf das Kommende vorzubereiten. Um mich herum passierten die verrücktesten Geschichten, Freunde und Mitbewohnerin gleichermassen muteten mir die neuesten wilden Entwicklungen in ihren Leben zu, verlangten Rat von mir und Verständnis, wo ich einfach nur Feierabend haben wollte und überdies mit dem Nachvollziehen der stories überhaupt nicht hinterherkam. Ich verspürte das tiefe Bedürfnis, diesen Planeten zu verlassen und auf einen anderen zu ziehen, weil alles zuviel war. Es war das Gefühl, dass die Moderne, die verrückte, falsch-gerichtete und kurzsichtige moderne Welt mich überrollte und ich nicht mehr Schritt halten mochte.

Eine Freundin holte mich in Charlottenburg ab und gemeinsam gingen wir ins Schwarze Café, wo wir die gefühlten nächsten 10 Stunden verbrachten. Dieser Ort ist immer gut, wenn man nicht zeitreisen will, sondern wie in einer Zeitkapsel eingesperrt verweilen will, die wechselnden Gäste, das Personal, sie alle warfen uns gutmütige Blicke und kokettierende Sätze zu, während wir unseren Kaffee tranken und Suppe löffelten. Wir waren die Ausgelaugten der Nacht, hatten kaum geschlafen und fühlten uns gebeutelt vom Leben und den Umständen. Wir betrachteten den Schnee, der in dicken Flocken fiel, bestätigten uns gegenseitig, dass wir mit dem Leben mithielten, zahlten dann und fuhren zum Alex. Die Menge in den S-Bahnen und Geschäften hatte weiter zugenommen, dabei war schon beinahe alles geschlossen, als ich endlich wieder die Prenzlauer Allee hinauffuhr und nach Hause ging.

Mar 6, 2010

Do Chemists dream of electric sheep?

Herrlich in der FTD: «Experiment am lebenden Griechen»
Die Kanzlerin drängt Athen zu etwas, was sie im eigenen Land als kontraproduktiv ablehnt: Mitten in der Rezession radikal zu konsolidieren. Ein waghalsiger Versuch, der auch für Deutschland teuer werden kann.
Bei Ökonomen ist derzeit in Mode, wirtschaftliche Phänomene am lebenden Objekt zu testen statt in abstrakten Modellen. Das ist prima. Und die Griechen haben gerade beste Chancen, zu Kollektivprobanden eines großen wirtschaftspolitischen Experiments zu werden. Immerhin hat in der Weltgeschichte noch keine Regierung versprechen müssen, so schnell und rabiat ein Staatsdefizit abzubauen – um ein Zehntel der Gesamtwirtschaftsleistung in drei Jahren. Und zwar mitten in der Rezession, was bekanntlich alle anderen Regierungen der Welt als wirtschaftlich kontraproduktiv bis zwecklos ablehnen.
Entsprechend offen scheint, wie das Experiment am lebenden Griechen ausgeht. Es ist gut möglich, dass die Probanden als abschreckendes Beispiel dafür enden, wie man es nicht macht. Dann könnte der große deutsche Lehreifer auf die Deutschen zurückschlagen…
Was es bringt, in der Krise germanischem Maso-Verständnis von Ökonomie zu folgen, können die Griechen ahnen. Vor Wochen stand das erste Stabilisierungspaket. Dann stellte sich heraus, dass die Konjunktur schlechter ist, sodass wieder Milliarden an Steuereinnahmen fehlten und weitere Milliarden zu kürzen waren. Auch für Griechenland gilt, dass jeder Rückgang des BIPs um ein Prozent das Defizit um einen halben Punkt erhöht.
 
via Nachdenkseiten.de

the sound für Zwischendurch

Gestern im stattbad gehört und für gut befunden: Die Hamburger Klangschmiede sutsche. Bei myspace gibts Hörproben auch zum Download.

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Bei rebel:art gesehen.

Mar 5, 2010

the happening world

Ich mag Mucki-Buden. Ganz egal, wie belanglos der Tag bis dahin war, wenn ich erstmal dort drin steckte und meine 5 Kilometer lief und die zentnerschweren Hanteln bewegte, dann hatte dieser Tag dennoch etwas Produktives an sich. Ganz besonders, wenn ich die anderen Muckibuden-Besucher beobachten konnte, mir über ihre Motive Gedanken machen konnte. Als ich in Mannheim mit einem Freund in seiner Muckibude trainierte, überlegten wir uns, wie wir Frauen ansprechen könnten, ohne dass es flach 'rüberkäme. Uns fiel einfach nichts ein - was sagt man in so einer Situation schon Geistreiches?? «Gefällt dir die Maschine?» oder «Soll ich dir helfen?» Es war einfach deprimierend.

In meiner jetztigen Muckibude kann einem so etwas nicht passieren. Hier gibt es nichts zu reden, es ist ohnehin oft kaum jemand da. In einem Hinterhof an der Linienstrasse gelegen versprüht dieser Ort der Kraft soviel Charme wie ein verlassenes Krankenhaus in der Zone. Die Typen da drin sind trockener als der Martini in meiner Lieblingsbar in Zürich. Und trotz dieser ganzen nüchternen Atmosphäre wurde ich heute Zeuge einer absolut denkwürdigen Konversation. Ich hatte diese Rothaarige schon die ganze Zeit im Auge gehabt, sie war die einzige Frau im ganzen mickrigen Studio, es waren noch etwa fünf Männer da. Ausgerechnet sie hatte als einzige diese blöden Ohrstöpsel drin, die ich immer als "Talk to the hand"-Zeichen auffasse... vielleicht sollte ich das ignorieren. Auf jeden Fall spricht sie genau mich an und fragt mich, ob diese beiden identischen Maschinen, die nebeneinander stehen, gleich seien. Das haute mich echt um. Ich hatte schon eine Menge einfallsloser Anmachen erlebt, aber das zog mir echt die Schuhe aus. Das Seltsame war, dass es überhaupt nicht platt wirkte, oder vielleicht war ich zusehr von ihren dunklen Augen angetan, auf jeden Fall antwortete ich aufrichtig und führte die Konversation gleich ordentlich weiter. Ich mag Mucki-Buden einfach, und das, was sie mit mir machen.

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Meine Mitbewohnerin fragt: «Und, hat sich dein Vater über den Kuchen gefreut?»
Naja, so wie er eben kann. An einem Abend wie diesem beneidete ich alle Söhne in geordneten Familienstrukturen, vielleicht mit etwas west- oder südeuropäischer Charakterwärme, Anerkennung oder einer allgemeinen Lockerheit, was die Verwandten angeht. So aber fuhr ich ziemlich unzufrieden von der Redaktion wieder nach Hause. Wenn es nicht so verdammt kalt gewesen wäre, hätte ich noch in einer Bar auf dem Weg gestoppt, aber auch so machte mich keine dieser langweiligen Kneipen im minimalistisch-Wohnzimmer-artigen Stil an. Es sind Semesterferien, zum Teufel! Und ich merke es daran, dass zuviel Zeit ist, um sich über alle möglichen Dinge den Kopf zu zerbrechen. Die wenigen Prüfungen, Vorträge und anderen Aufgaben, die es zu erledigen gilt, lassen zu viel Freiraum. Wie angenehm war es noch, als die ganze Hektik und die innere Unrast gar keine Gelegenheit dazu liessen, unzufrieden zu sein.

Mar 1, 2010

the happening world

Was man für schlappe 50 $ Portokosten aus Übersee so alles geboten kriegt, zeigt mir gerade die Homepage der Kanadischen Post, dort kann ich mit der Tracking-Nummer meiner Bestellung alles genau nachverfolgen. Ich sehe zum Beispiel, dass die Sendung nach meiner Order um 17:10 es in Montreal immerhin noch in die nächste Poststelle geschafft hat. Von dort wurde das, korrekterweise als "international item" identifizierte Objekt dann nach Deutschland verschifft, was geschlagene drei Tage in Anspruch nahm. Der Zoll gab das Päckchen nach einem weiteren Tag Aufenthalt dann frei zum Weitertransport. Seit Samstag sitzen die von mir bestellten Stiefel in einer Postfiliale rum "to verify adress of recipient". Was gibt es da denn zu verifizieren? "XPresspost International" dauert jetzt schon satte 10 Tage!