Beograd. 25.09.
Wir sassen in dem wunderbaren Hostel Chillton, eine Oase der Ruhe in waggongrösse über den Dächern der Stadt, tranken türkischen Kaffee, rauchten, schrieben zwei, drei verlorene Mails und fühlten uns gebeutelt, gebeutelt von all dem Reden, Trinken, Sehen und Reisen und all den Grenzen, die wir überquert haben, um hierher zurückzugelangen. Hierher zurück nach Hause, wo wir uns etwas Ruhe gönnten, bevor wir uns wieder in die gedrungenen Keller drängen würden, zu Konzerten und Trinken, Essen und Reden.
Es war nicht allzu lange her, dass wir in Sarajevo die letzten Konvertiblen Mark in Bier investiert hatten, und uns in Richtung Bahnhof aufgemacht hatten. Von vielen war zu hören gewesen: gebt alles aus, denn die KM kann man ausserhalb nicht umtauschen. So waren wir also ohne Ticket in die Strassenbahn gestiegen. Mit der Sicherheit, dass die Gesetzeshüter genau dann nicht zu Stelle sind, wenn man sie bräuchte, stiegen eine Station vor dem Bahnhof zwei ältere Herren dazu, die sich von unseren alten, abgestempelten Tickets nicht täuschen liessen. Wir handelten eine Strafgebühr von 20 Dollar pro Person aus. Andrei, der streitlustige Rumäne, provozierte sie mit seinem inflationären Fluchwortgebrauch sosehr, dass sie das beinahe noch extra berechneten. Ich lenkte ein, denn unser Zug war vor 10 Minuten abgefahren. Wir überquerten den Bahnhofsvorplatz mit der Gewissheit, in Sarajevo alles richtig gemacht zu haben. Die Strecke vom Hostel bis zum Bahnhof hatte uns jeden 20 Dollar gekostet, und der Nachtzug von Sarajevo nach Belgrad nochmal soviel. Die lässlichen 2 KM, deren Investition in ein Tramticket uns die Busse erspart hätten, waren in zwei 2.5 L Flaschen der Lokalmarke «Sarajevsko» bestens angelegt. Der Zug hatte die üblichen 30 Minuten Verspätung, wir fanden ein Abteil für uns und begannen sofort zu trinken.
Der Zug fuhr über Kroatien, was geographisch gar nicht möglich ist, und wir mussten mitten in der Nacht auch umsteigen. Es war die Art von Zugfahrt, die man aufgrund ihrer Einfachheit und ihrer stimmungsvollen Richtung (zurück nach Belgrad!) immer im Gedächtnis behalten wird. Wir erreichten Serbiens feminime Hauptstadt um acht Uhr früh, um eine Passseite voller kryptischer Stempel, eine vollen Blase und einen leichten Kater reicher, sowie 20 Dollar ärmer.
Subscribe to:
Post Comments (Atom)
No comments:
Post a Comment
Ihr Senf, bitte. Am besten verdaulich und nicht zu dick aufgetragen.