Jan 8, 2010

Fast Sarajevo IXL

Beograd. Kurz vor Abreise, 27.September.

Wir hatten Beograd im gleichen, sanften Morgenlicht wiedergefunden, aber verändert. Für mich war es mehr als einen Monat her, dass ich in der Sava gebadet hatte, aber Andrei war erst kürzlich hier gewesen. In der vorhergehenden Woche sollte ein Festival für Schwule stattfinden, das dann aus Gründen der Sicherheit abgesagt werden musste. Rechtsextreme Gruppen hatten mit eindeutigen Graffitis klar gemacht, dass sie vor Gewalt nicht zurückschrecken würden, falls sich homosexuelle Gruppen auf den Strassen Belgrads versammeln sollten, die Polizei war eingeknickt und liess verlauten, dass sie für die Sicherheit der Festival-Teilnehmer nicht garantieren konnte - «gay pride», das zuletzt 2001 stattgefunden hat, wurde abgesagt.


Als wir vom Bahnhof zum Hostel durch die Fussgängerzone schlenderten, waren uns die vielen schwer ausgerüsteten Polizisten gleich aufgefallen. Von ihnen gab es zu dieser Uhrzeit mehr als Passanten. Wir wunderten uns, machten uns aber keine Sorgen. Erst später erfuhren wir, dass in der vergangenen Woche auch Ausländer Opfer von gewalttätigen Übergriffen geworden waren. Ein frisch verheirateter Mann war von einer Gruppe Jugendlicher zu Tode geprügelt worden, bei Fussballspielen wurden französische Fans angegriffen. Die Grosswetterlage hatte umgeschlagen - ie Stadt Belgrad zeigte ihr zweites Gesicht.
Wir befanden das für unbedenklich, gingen vergnügt shoppen und besichtigten Titos Grabmahl und die Sveta Sava, eine der grössten Kirchen der Welt.
Der Zug nach Zürich via Zagreb und Ljubljana fuhr um kurz nach zehn. Wir waren wie aufgeregte Kinder schon viel früher da, vollgepackt mit Börek und anderem Essen, und natürlich Bier, um die lange Fahrt zuüberstehen. Der Waggon, der bis nach Zürich durchfuhr, war ausgerechnet der modernste und am wenigsten bequemste. Die unnötige Klimaanlage surrte so laut, dass man Ohrensausen bekam, und das 6er Abteil hatte natürlich keine Vorhänge, so dass es selbst nachts hell war. Zu zweit verging die Zeit gut, erst ab Ljubljana war ich alleine und durchfuhr die langen Stunden der Nacht auf den unbequemen Sitzreihen des Westens, in den ich nun zurückkehrte. Ich windete mich, drehte mich auf die eine Seite und gleich wieder zurück.

Zürich war eine schale Stadt, um anzukommen. Der zweckmässige Bahnhof, den ich so gut kannte, machte mit seiner Nüchternheit klar, dass es hier nicht lustig werden würde. Ich setzte mich in den nächsten Regionalzug und fuhr zum Haus meiner Mutter.

1 comment:

  1. schön schreibst du...ist unsere reise dann jetzt vorbei? wann beginnt denn deine nächste?

    schöenes we. anna

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Ihr Senf, bitte. Am besten verdaulich und nicht zu dick aufgetragen.