Dec 3, 2008
the happening world
Als ich mich im Fitnessstudio registrieren liess, führte mich der leitende Mitarbeiter herum und zeigte mir alles. Er war einer von den Marketingfritzen, die einen ununterbrochenen Redeschwall hervorbringen und schon nach 10 Minuten war ich so erschöpft, dass ich jeden Vertrag sofort unterschrieben hätte. Die Betreiberfirma wurde gerade einem Redesign unterzogen und bekam, neben einem neuen Namen, auch neues Interieur verpasst. Er fragte mich nach meinen Sportgewohnheiten. Ich nannte Rennradfahren. Da wurde er hellhörig. Seine Augen begannen zu leuchten. Ich solle mitkommen, er habe da eine Überraschung für mich, und er führte mich zurück, vorbei an den unzähligen Maschinen, die die Menschen bewegten, zu den Squash-Courts. Einer davon war geschlossen und offensichtlich wurde dort gerade etwas anderes installiert. «Magst du Spinning?» Ich ahne das Schlimmste. Spinning ist in etwa so wie Laufband-Joggen in der Gruppe, ich habe es ein paar Mal gesehen und für unsinnig empfunden, als Freiland-Rennradfahrer will ich Natur sehen beim Sport und die Ruhe der einsamen Passstrassen spüren, und nicht mit Musik und den Aufforderungen des Leiters zugedröhnt werden. «Wir installieren jetzt hier eine neue Form davon, Dark-Spinning, wo du in einem ganz dunklen Raum fährst, mit Schwarzlicht, Diskokugeln, Lichteffekten und natürlich geiler Musik.» Und wie als Begründung, als Legitimation, fügte er stolz hinzu: «Der neue Trend. Kommt aus Amerika.» Ich war ziemlich baff. Das also war es, was sich all diese verbissenen Radler auf den einsamen Passstrassen insgeheim wünschten, die dort mit Kopfhörern, ohne anzuhalten und ohne zu grüssen hochtrabten. Ein dunkler Raum, wo sie ohne Selbstdisziplin, also in der Gruppe, aber eben doch für sich fahren können, nichts sehen müssen, nichts denken müssen, sich nicht bewegen müssen. Es sind diese Radler, die ganz penibel auf ihr Outfit und ihre Ausrüstung achten, die ihr Handtuch (zur Reservation des Standrades) ordentlich gefaltet über den Lenker hängen, die mehr mit sich beschäftigt sind und die ihre Andersartigkeit nicht erkennen können, eben weil ihnen das Kontrastdenken fehlt. Im Grunde, denke ich, sind es hochzufriedene Leute.
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Ihr Senf, bitte. Am besten verdaulich und nicht zu dick aufgetragen.