Apr 13, 2009

Wir nannten es Arbeit XVII

Die Arbeit sollte bald vorbei sein. Aufgrund der Zwischenmiete des Zimmers, das ich unbedingt haben wollte, und die bis über meine vorgesehene Zeit hinauslief, hatte ich mein Praktikum verlängert. Das änderte nichts an den üblichen Symptomen, die das Ende der Arbeit so mit sich bringt. Vorausschauende Unkonzentriertheit. Gedanken über den nächsten Umzug, die nächste Stadt, Sehnsucht nach einem Stillstand, gleichzeitig die Vorfreude auf die unzähligen Autobahnkilometer, eine Reise im Kleinen, immerhin. Mein Chef war unentwegt abgelenkt von seiner eigenen Arbeit. In der BASF brach die Nachfrage ein, die die Auto- und Bauchemie beliefernden Betriebe wurden heruntergefahren, später auch einer der beiden Steamcracker in Ludwigshafen, während der andere, so meinten wir gehört zu haben, bei der Mindestauslastung von 20 % fuhr. Bei all dem wähnten wir uns in der Forschung noch recht sicher, hier war die Krise allenfalls in Emailnachrichten angelangt, aber nicht in handfester Kurzarbeit, Arbeitsplatzflexibilität (ein Prinzip, das im Verbund der BASF beliebt ist: herrscht irgendwo Flaute, schickt man die Arbeiter in andere Betriebe) oder Langweile. Weniger arbeiteten wir schon, denn unsere Vorgesetzten waren oft ausser Haus. Aus Mangel an Firmenexternen Anfragen klapperten sie die Forschungslabors auf dem Gelände ab und die Produktionsbetriebe und fischten jeden noch so unausgegorenen Entwicklungsplan aus den Schubladen, so zumindest unsere Interpretation. Irgendwie mussten wir ja beschäftigt werden, und in der Krise kommt einem jedem Forschungsprojekt recht, lieber jedenfalls als die Kürzug des Budgets. Das Budget, so hörten wir, sollte nicht gekürzt werden, sondern auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden. Das wurde im Februar verkündet, was würde in den kommenden 10 Monaten noch kommen?

In diesem Klima schrieb ich also meinen Abschlussbericht, bereitete eine Präsentation vor, stellte mich langsam auf einen Abschied ein, ging früher nach Hause.

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