In einer Ingenieursvorlesung lernten wir, Wärmetransport zu quantifizieren, um gesicherte Aussagen über das Risiko von chemischen Reaktionen machen zu können, bei denen häufig grosse Mengen an Wärme entstehen. Unsere eifrigen und selbstsicheren Assistenten, die aber eben auch der Ingenieursdenkweise verfallen waren, versuchten uns das mit «every-day-examples» näherzubringen. Wir berechneten die Wärmeabgabe einer frisch gebrühten Tasse Kaffee. Der Autor der Aufgabe wollte die Tasse möglichst schnell auf Trinktemperatur bringen, weil er aus dem Haus stürzen musste, Gott allein weiss warum. Es lief auf die Frage hinaus, ob man die kühlschrankkalte Milch gleich dazugeben soll, oder erst kurz vor dem Trinken. Es stellte sich heraus, dass der heisse Kaffee alleine, ohne die Milch, schneller abkühlt als wenn die Milch drin ist.
Die Idee, so eine Aufgabe zu stellen, befremdete mich. Es zeugt vom Geist einer auf Schnelligkeit versessenen, dabei auf Genuss verzichtenden zürcherischen Schule und Denkweise. Der Kaffee muss natürlich lange warmbleiben, und nicht schnell abkühlen! Gemütliche Chemiker stellen nicht die dampfende Tasse auf den Tisch, öffnen womöglich das Fenster, damit kalte Zugluft die Tasse umströmen kann, und nehmen dann eine schnelle Dusche. Gemütliche Chemiker geben die Milch gleich dazu, damit der Kaffee länger warm bleibt, so dass die morgendliche Zeitungslektüre möglichst lange von weckendem und genussreichen Kaffeekonsum begleitet wird.
Jan 17, 2009
Subscribe to:
Post Comments (Atom)
No comments:
Post a Comment
Ihr Senf, bitte. Am besten verdaulich und nicht zu dick aufgetragen.