Es war schon ein kalter Abend in Berlin, als wir zum Ernst-Reuter-Platz fuhren, um im dortigen Gravis-Geschäft ein Solokonzert zu hören. Die Örtlichkeit hatte etwas von einer modernen Tristesse, wir standen zwischen iMacs und JBL-Lautsprechern und als wir versuchten, etwas Konzert-Romantik wenigstens in unserem Perimeter zu erzeugen und den vor uns stehenden Apple ausschalteten, wurden wir mit einem erbosten Pieplaut bestraft, der uns zwang, das Gerät sofort wieder anzuschalten, woraufhin die Bildschirmpräsentation weiterlief, als wäre nichts gewesen.
Die Lieder von Gisbert zu Knyphausen in diesem Umfeld zu hören, tat der Stimmung keinen Abschlag, auch wenn der Gute durch die vielen Konzerttermine und durch das grelle Licht auf der kleinen Bühne etwas erschlagen aussah und sich auch gelegentlich beim Singen versprach.
Seine Texte haben genau die moderne Leichtigkeit, von der einem in Apple-Geschäften immer vorgeschwärmt wird. Er ist ein zeitgenössischer Barde, der, ohne die neueren Komplikationen durch das Netz, die Job-orientierte Gehetztheit, oder die zunehmende Patchworkisierung der Gefühle direkt anzusprechen, von dem Zustand singt, in dem diese erst entstehen können. Auch ohne Band, wie im Gravis, kommt seine Message durch, die, das ist so ersichtlich, besonders von seiner Stimme, seinen Texten und seinem Gitarrenspiel getragen wird. Seine Lieder sind mal schnell und schmerzlos, mal verspielt im Country-Stil, dann dunkel und selbstreflektiv, oder schleppend-hymnisch, eingängig und wunderschön:
«Und jetzt fängt alles von vorne an
Der Wind treibt uns fort und dann
Reden wir genau wie bisher
Von unserm Leben
Doch im Taumel, da fühlen wir uns wohl
Ein Hoch auf den Alkohol
Komm, einen noch, ich kann dich noch sehn
Und wir labern immer viel zu viel,
Doch wir sehn gut dabei aus,
Ja was wir tun das hat Stil
Doch ich hab Angst vor dem Ende der Nacht
Wenn das Licht uns fängt
Und der Tag ist bloß müde und verlacht»
Bluesig.
Gisbert zu Knyphausen - Gisbert zu Knyphausen, omaha records
Feb 28, 2009
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