Feb 24, 2009

the happening world

Der Stadtteil, in dem ich wohne, gibt sich gern berlinerisch. Jungbusch sei der neue Szenebezirk, heisst es, Bars, Kunst, Interreligiöse Gemeinschaften ohne Ende. Es gibt den Nachtwandel einmal im Jahr, an dem während eines ganzen Wochenendes viele Kneipen, Ateliers und Improvisationsarrangements die ganze Nacht durch Programm machen. Endlich kann man in die verlaubten Hinterhöfe schauen, in denen Anwohner Zapfanlagen und Kühlschränke aufgestellt haben. Kann in Wohnungen schauen, deren Bewohner perverse, kunstfertige oder einfach nur bedenkliche Seiten zur Schau stellen. Kann auf einer Baustelle zu den Takten von angeheuerten DJs tanzen, die unter dem Banner von Sunshine Live an ihren Decks stehen.

Abgesehen davon bietet der Jungbusch den industriellen Rest-Charme, der an Mannheims Rheinseite übriggeblieben ist. Am Verbindungskanal lässt sich gut spazieren, wenn man mit den bisweilen anstrengenden Jugendgruppen klarkommt. Es gibt die Moschee, die grösste in Deutschland. Es gibt die Onkel Otto Bar, die in einem ehemaligen Bordell eingerichtet wurde. Hier herrscht aber nicht die volksoffene Stimmung wie im «longstreet» in Zürichs Langstrasse. In der Onkel Otto Bar werden nur Gäste über 30 eingelassen, und wenn der Türsteher etwas länger nach draussen kommt, man die Musik innen hören kann und die stark geschminkten Frauen sieht, dann möchte man auch gar nicht mehr da rein. Der Jungbusch hat vieles, hier ist es aber nicht wie in Prenzlauer Berg, Friedrichshain oder Mitte in Berlin, hier gibt sich die kulturelle bohème-Elite nicht die Klinke in die Hand in den ohnehin nicht vorhandenen Szene-Kneipen.

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