Rückblende auf Juni. Cortona. Italien, Konferenz, Wissenschaftsgemeinde, Spiritualität. Mit der Konferenz, über die ich berichten möchte, verbinde ich sehr viel, dabei ist es gleichzeitig schwierig, das alles in Worte, geschweige denn in Sätze zu fassen, noch dazu all das jemandem begrifflich zu machen, der nicht mit dabei war. Deswegen setze ich hier dazu an. Der Beginn ist ja schliesslich das Wichtigste.
Cortona beinhaltet vielerlei Dinge; einige bleiben den Besuchern, die durch die kleine Stadt in der Provinz Arezzo (Toskana) flanieren, allerdings verborgen. Für die Naturwissenschaftsgemeinde der Technischen Hochschule in Zürich ist Cortona seit über 20 Jahren Inbegriff eines Tabubruchs. 1985 versammelten sich in einem ehemaligen Kloster, das jetzt Hotel ist, zum ersten Mal Naturwissenschaftler, Künstler und Spirituelle, um gemeinsam die Grenzen und Verbindungen ihrer Professionen und Interessen auszuloten. Das Zusammenbringen von Angehörigen der exakten, naturwissenschaftlichen Akademie, der psychologischen, philosophisch/theologischen Fakultäten und der Künste sollte so etwas wie ein Dogma für die Seminarwoche werden. «Naturwissenschaft und die Ganzheit des Lebens» lautet deshalb auch seit Beginn an der Untertitel der interdisziplinären Veranstaltung; das Hauptthema 2008 war «belief and knowledge», und fasst diese Verbindung von einem einfachen Standpunkt aus zusammen. Glauben oder Wissen, errechnen oder erbeten, beweisen oder predigen – welches ist das Richtige, und wieso überhaupt diese Fragen stellen? Beim Blick in Zeitungen und Blogs mögen Leser den Eindruck erhalten, dass zwischen Religion und Naturwissenschaft eine natürliche Grenze verläuft, und dass sich die beiden Parteien spinnefeind wären. In Wirklichkeit gibt es jedoch viele Professoren, Doktoranden und überhaupt Forscher und Studenten der Naturwissenschaften, die gläubig sind. Darüber hinaus stellt das Programm von «Cortona» den Anspruch an sich und seine Teilnehmer, dass nicht nur in einem schlicht religiösen Rahmen gedacht wird, sondern all jene Geisteseinstellungen eingeladen werden, die nach Aufklärung und Klarheit und nach einem gesunden Zusammenleben von Mensch und Natur streben. So finden im Programm der Woche Dinge wie Yoga, Malerei, Tanzen oder Tai Chi Eingang.
«Cortona» versteht sich als Begegnungsort für verschiedene Disziplinen, die dort nicht zwanghaft einen pressefähigen Schulterschluss suchen, sondern gemeinsam erforschen können, inwieweit die anderen Schulen sinnvoll sind für eine ganzheitliche Ausbildung und Lebensweise. Die rücksichtsvollen, menschenfreundlichen und im Grundsatz nachhaltigen Ideen einer moralischen Schule könnten Initiativgedanken einer technologieentwickelnden, anderen Schule sein. Im Austausch mit anderen Denkrichtungen oder Klientelgruppen ist es leichter zu erfahren, wo deren Bedürfnisse, Mängel oder Vorteile liegen. So ist die Idee des Cortona-Seminars.
Im Endeffekt geht es darum, die eigene Sichtweise nicht zwingend zu verändern, sondern um ergänzende Gedanken sinvoll zu erweitern. Es kommen Menschen nach Cortona, die ihr ganzes Leben einer oder mehrerer Fachrichtungen gewidmet haben; es ist illusorisch zu denken, ihre Einstellung im Grunde verändern zu können. «Cortona» argumentiert auf einer Ebene des Gesunden, Ganzheitlichen, und tut dies grösstenteils mit den Instrumenten der Logik, einer Denkart, die alle verstehen können.
Aug 6, 2009
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Ihr Senf, bitte. Am besten verdaulich und nicht zu dick aufgetragen.