Ein zentrales Thema, das ich zur Besprechung aufgreifen möchte, ist Demut. Ein Professor in Zürich meinte einmal, dass man an der renommierten Hochschule gerne mit dem falschen «Mut» aufwachse: Hochmut, Übermut, Wagemut, usw. Er legte uns Demut nahe, was in der Naturwissenschaft nicht sehr üblich ist. Hier herrschen andere Gemütsstimmungen vor, und Bedachtsamkeit, Respekt und Sanftmut erscheinen nicht als brauchbare Instrumente für die grosse Entdeckung. Das anthroposophische Verständnis einer vorsichtigen, behutsamen Wissenschaft («zarte Empirie», Goethe) schliesst diese Demut natürlicherweise mit ein. Die Demut findet Eingang in der «ganzheitlichen» Praxis der zarten Empirie, im Ganzheitlichen liegt Nachhaltigkeit wie die Kerne im Apfelinneren.
Demut ist jenes Prinzip, das die eigene Meinungsbildung nur bis zu dem Punkt zulässt, wo sie dogmatische Züge annimmt. Fremden Ansichten begegnet der Demütige mit dem Gebot des Zuhörens. Demut ist auch ein inhärenter Teil von Dankbarkeit, aber diesem Aspekt widme ich mich gesondert. In der religiösen Form des christlichen Glaubens wird Demut als Tugend besonders hervorgehoben; am deutlichsten im moralischen Grundsatz «Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.»
Demut ist also eine gute Voraussetzung für spannungsloses Zusammensein. Ferner ist Demut jenes Bauprinzip, das für eine genügsame Geisteshaltung sorgt. Wer wenig erwartet, kann einfach überrascht werden und ist leicht zufriedenzustellen.
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Ihr Senf, bitte. Am besten verdaulich und nicht zu dick aufgetragen.