Die Saugnäpfe des EKGs waren kaum ab, da trocknete ich meinen vom Ergometer-Fahren verschwitzten Oberkörper ab, streifte Hemd und Jackett über, wechselte die Shorts gegen eine Wollhose mit Nadelstreifen und stieg in die spitzen Lederschuhe aus Kiev. So fuhr ich aus dem Prenzlauer Berg durch Mitte vor das Brandenburger Tor, und erst, als ich von der Friedrichsstrasse in die Linden einbog, wurde mir der wahre Ort unser Gedenkveranstaltung bewusst. «Wir machen Aktionskunst», hatte ich in den letzten beiden Tagen so oft am Telefon gesagt. Hier nun hatte ich sie vor mir, die Aktionskunst, ich fuhr mit 20 Stundenkilometern darauf zu. In der Mitte des Pariser Platzes war ein Karré mit Signalband abgesperrt worden, darin lagen die drei JDAM-Bomben-Nachbildungen, für deren Transport von der Werkstatt hierher ich mich wenige Stunden zuvor noch gesorgt hatte. Es gab einige Schauer in Wedding und ich war bis zuletzt nicht sicher, ob genügend Leute da sein würden, um die Dinger zu tragen. Schlussendlich ist alles da. Das Zentrum für Politische Schönheit steht, personifiziert durch grosse Männer in Anzügen und mit schwarz gefärbten Gesichtern, das Islamische Kulturzentrum der Bosniaken in Berlin steht, mit seinen wunderbar jungen und eifrigen Mitgliedern, die Presse steht, die Podeste für die Schauspiel-Sprecher stehen, und auch das Wetter steht, in einer dramatischen Mischung aus Wolken, Nieselregen und rotblauem Abendhimmel.
Die Sprecher schmettern ihre Sätze in die Megaphone. Es wird die Sitzung des UN-Krisenstabs nachgestellt, die vor 14 Jahren stattgefunden hat. Die Lethargie dieser Sitzung hat den Völkermord der Serben an den Bosniaken ermöglicht, in dessen Zentrum Srebrenica stand. Dieser faux-pas der UN wurde unter einen schweren Teppich gekehrt; viele von den holländischen Soldaten, die in der damaligen «Schutzzone» stationiert waren und kaum in der Lage waren Widerstand zu leisten, als die Serben ihnen die Bosniaken quasi aus den Baracken holten, sind noch heute psychisch stark geprägt durch die damaligen Ereignisse. Srebrenica darf sich nicht wiederholen, und es darf nicht im Fluss des Vergessens untergehen. Aus diesem Grund hat das Zentrum für Politische Schönheit Bergungsarbeiten auf Lethe durchgeführt und präsentiert die Funde an folgenden Terminen:
9.7. 20:00h vor dem Brandenburger Tor
10.7. 20:00h vor dem Brandenburger Tor
11.7. 12:00h vor dem Bundestag (offizieller Gedenktag der Opfer)
Genauere Informationen, Pressemitteilung, Bilder auf der Homepage.
Jul 8, 2009
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Ihr Senf, bitte. Am besten verdaulich und nicht zu dick aufgetragen.